Zwischen Poesie und Gekritzel: Ein Naturtagebuch führen

Ein neues Jahr bietet immer besonders schöne Chancen für (Neu-) Anfänge. Zwischen meist zum Scheitern verurteilten Vorhaben wie Sport oder dem Verzicht auf Süßigkeiten habe ich im letzten Jahr eine ganz besonders interessante Möglichkeit für mich entdeckt, das Jahr zu durchleben und zu erleben und dabei fast künstlerisch zu dokumentieren: Ein Naturtagebuch.

 

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Eine Seite in meinem Naturejournal.

 

Das Naturtagebuch

In einem Naturtagebuch, auch oft als Naturejournal bezeichnet, hält man Eindrücke, die man in der Natur gewonnen hat, fest. Egal ob Dir eine atemberaubende Landschaft, eine seltene Blume oder ein schillernder Käfer auffällt, in Deinem Naturejournal findet es seinen Platz. Dafür ist es nicht einmal wichtig, ob Du besonders gut zeichnen oder malen kannst. Hauptsache, Du nimmst Dir Zeit, eine Pflanze oder ein Tier näher zu betrachten und über das Gesehene zu reflektieren.

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Selbst an einem hübschen Platz im Garten findet man Inspiration.

Natürlich kannst Du auch Fotos schießen und sie zuhause als Vorlage für eine genaue Studie nutzen oder Du verwendest Bestimmungsbücher als Vorlagen. Selbstverständlich kannst Du auch gern wissenschaftliche Akzente ergänzen, indem Du zum Beispiel lateinische Bezeichnungen und Informationen über die Pflanze oder das Tier sowie die bevorzugte Umgebung ergänzt. Auf diese Weise wird es Dir in Zukunft leichter fallen, sie auch auf Deinen Streifzügen zu identifizieren. Ebenfalls beliebt ist das Pressen von Pflanzen, wobei Du jedoch immer darauf achten solltest, dass Du keine unter Naturschutz stehende Blume aus dem Boden reißt. Auch in Naturschutzgebieten ist die Mitnahme von sämtlichen Pflanzen in der Regel verboten.

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Mohn im Sonnenuntergang …
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… als Vorlage für ein Bild mit Wasserfarben.

Genauso kannst Du jedoch auch kleine Texte oder vielleicht sogar Gedichte ergänzen, in denen Du Deinen Gefühlen Ausdruck verleihst, die zum Beispiel ein spektakulärer Sonnenuntergang oder eine unerhoffte Begegnung mit einem Reh in Dir ausgelöst haben.
Regelmäßige Einträge fangen auf wunderschöne Weise die Entwicklung der Natur über das ganze Jahr ein und Du kannst praktisch ganz nebenbei Deine künstlerischen Fähigkeiten verbessern.

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Ein Tagpfauenauge im eigenen Garten …
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… als Vorlage für eine genaue Studie.

Nutzen und Vorteile eines Naturtagebuchs

Eigentlich tue ich mich schwer damit, kreative Tätigkeiten an ihrem Nutzen zu messen, da sie für mich keinen Zweck erfüllen müssen, um mir gut zu tun. Einem Naturtagebuch kann man jedoch tatsächlich viele positive Aspekte abgewinnen – wenn man bei der Sache bleibt.
Hier habe ich die wichtigsten aufgelistet:

  1. Wahrnehmung: Du wirst lernen, Deine Umgebung viel bewusster wahrzunehmen und sowohl einen Blick fürs Detail als auch für das große Ganze entwickeln.
  2. Wertschätzung: Du wirst lernen, die Vielseitigkeit, die Dich umgibt, wertzuschätzen. Eine Fähigkeit, die heute leider unglaublich viele Menschen verlernt haben.
  3. Wissen: Dein Wissen über Tiere und Pflanzen oder Ökosysteme wird sich anhand praktischer Beobachtungen erweitern. Das fällt besonders auf, wenn Du Dich früher nie ausführlich damit beschäftigt hast.
  4. Entspannung: Erwiesenermaßen hat eine natürliche Umgebung einen wohltuenden und beruhigenden Effekt auf den Menschen, was nicht zuletzt der positiven Farbe Grün zu verdanken ist. Diese Umgebung wird dir mehr Ausgeglichenheit für Deinen Alltag schenken.
  5. Kreativität: Wie bereits erwähnt, wirst Du ein Händchen für Stift und Pinsel entwickeln und schöne Resultate erzielen, an denen Du Dich auch in Zukunft noch erfreuen können wirst.
  6. Zeitgefühl: Du wirst die Zeit vielleicht völlig neu wahrnehmen: Während Du in einem erwachenden Wald sitzt, wird sich eine Stunde wie eine Ewigkeit anfühlen, und wenn Du durch Dein Journal blätterst wird sich ein Jahr anfühlen wie ein Wimpernschlag. Dadurch entwickelst Du eine völlig neue Einstellung gegenüber der Zeit, die Dir gegeben ist.

Wie Du siehst, ist das Führen eines Naturtagebuchs weitaus mehr als ein Zeitvertreib. Egal ob Du Dir jeden Tag eine halbe Stunde nimmst, um einen kleinen Spaziergang zu machen oder einmal in der Woche ein große Wanderung unternimmst: Keine Sekunde ist verlorene Zeit.

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Eine Herbstanemone.

Meine Erfahrungen

Ich habe mein Naturejournal vor knapp einem Jahr im Februar begonnen. Angefangen hat alles mit einem kleinen Büchlein, das ich geschenkt bekam und begann, es mit Zeichnungen von kleinen Blumen zu füllen. In diesem Zeitraum ist das Journal fester Bestandteil meines Lebens geworden. Besonders im Sommer würde ich am liebsten den ganzen Tag damit verbringen, Schmetterlinge oder Hummeln zu beobachten und abzumalen. Im Winter wird meine Motivation etwas durch die Kälte gebremst, doch auch zu dieser scheinbar kargen Jahreszeit gibt es mehr zu entdecken, als Du erwartest.
In diesem einen Jahr konnte ich mehr über die Natur lernen als in all den Jahren davor. Denn durch das Führen des Tagebuchs habe ich gelernt, genauer hinzuschauen. Bin ich früher einfach im Wald spazieren gegangen, so bleibe ich heute aller zehn Meter stehen, entdecke ein Mauseloch, eine austreibende Eichel oder einen von einem Eichhorn abgeknabberten Zapfen und freue mich über jede dieser kleinen Entdeckungen.
Außerdem habe ich ganz bewusst das Erwachen der Natur im Frühling miterlebt, mit jedem neuen Trieb und jedem erblühenden Krokus auf der Wiese mitgefiebert. Ebenso intensiv habe ich im Herbst erlebt, wie die Bäume bunt werden, einer nach dem anderen, beobachtet, wie Eichhörnchen die letzten Wintervorräte gefüllt haben.
Vor allen Dingen jedoch habe ich gelernt, mir Zeit zu nehmen. Den Schulhefter wegzulegen, das Handy auszuschalten oder mich einfach mal vom Sofa zu erheben. All das kostet heute viel weniger Überwindung, denn ich weiß: Zeit in der Natur ist ein kostbares Geschenk.

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Abzeichnen eines Buschwindröschens.

Ich hoffe, dieser Beitrag inspiriert Dich, Dir mehr Zeit fürs Beobachten der Natur zu nehmen oder bestätigt Deine Erfahrungen, falls Du genau das längst begeistert tust. Vielleicht trägst Du Dich ja sogar mit dem Gedanken, Dir ein Naturtagebuch anzulegen. Und wer einmal mit dem Herzen dabei ist, wird schnell merken: Es lohnt sich!
Also, geh nach draußen, schnuppere Waldluft und mach Dir ruhig mal die Schuhe dreckig!

Liebe Grüße, Anna!

12 Kommentare zu „Zwischen Poesie und Gekritzel: Ein Naturtagebuch führen

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  1. Das finde ich eine total schöne Idee !!! Der Blog ist für mich zwar schon ein bißchen Naturtagebuch, aber alles in einem Büchlein festhalten und dann noch so schön, wie bei dir, das ist eine wunderbare Sache und absolut nachahmenswert. Toll !

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    1. Hallo Almuth, vielen Dank! Ja, in Deinem Blog findet man wirklich tolle Geschichten, habe die Erzählungen und Bilder zu Vögeln auf Deinem Balkon schmunzelnd durchgeguckt 🙂
      Liebe Grüße, Anna!

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      1. Freut mich, daß dir die Geschichten gefallen haben. Du bist anscheinend auch eine Vogelfreundin, bei deinem super Gartenrestaurant 🙂 Liebe Grüße, Almuth

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    1. Vielen, vielen Dank! Meine Arbeit am Naturtagebuch ruht zurzeit leider, aber ich kann es dir nur empfehlen, es macht wirklich Spaß, ich freue mich jetzt noch über die Seiten von vor einem Jahr 😊

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    1. Dankeschön! Leider längst nicht mehr so konsequent von mir weitergeführt wie einst. Die Fotografie löst bei mir zunehmend die verbale und zeichnerische Dokumentation ab… aber einmal in der Woche nehme ich mir immerhin noch Zeit, um ein bisschen kreativ zu werden. 😉

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      1. Aber wirklich eine tolle Idee. Ich hatte auch mal eine Zeit lang Gedichte geschrieben, speziell zur Natur. Aber momentan bin ich irgendwie so mit meinen Garten-Projekten beschäftigt und mir fehlt die Zeit. Und wenn ich dann doch mal schreibe, wirds eher ein Krimi.

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      2. Mir fehlt auch ein bisschen die Zeit, auch wenn ich eigentlich weiß, wenn ich nur eine Zeile schreibe, fließen die Strophen binnen weniger Minuten aufs Blatt… also ist das mit der Zeit bei mir wohl eher eine faule Ausrede 😀

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